Wissen(schaft) für alle: Vergrößern der Körpergoldmasse

Gold! In jedem Körper lässt sich etwas finden, das mindestens so wertvoll ist wie Gold! Es sind die Muskeln. Sie gehören zur sogenannten „Lean Body Mass“, also der fettfreien Körpermasse, die sich durch die richtige Ernährung vergrößern lässt, wie aktuell die japanische Arbeitsgruppe Tagawa et al. (2020) in einem systematischen Review und anschließender Meta-Analyse hochwertiger Studien (RCTs) zeigen konnte.

Wer wurde untersucht?

In diese Übersichtsarbeit wurden Untersuchungen einbezogen, die in randomisierten, kontrollierten Studien* (kurz: RCT) den Effekt von Protein (Eiweiß aus dem Essen) auf die „Lean Body Mass“ untersuchten. Die „Lean Body Mass“ ist die fettfreie Körpermasse, also das Körpergewicht abzüglich des Körperfettes.

Zur Erklärung:
* Randomisierte, kontrollierte Studien sind hochwertige Studien, da die Teilnehmer*innen in jeder Studie zufällig einer der zwei (oder mehreren) zu vergleichenden Gruppen zugeordnet werden. Durch diese Zufälligkeit reduziert man statistische Fehler.

 

Was wurde untersucht?

Mit dieser Arbeit sollte herausgefunden werden

  • wie das „Dose Response“-Verhältnis ist, also wie viel Eiweiß aus dem Essen für wie viel Zuwachs an fettfreier Körpermasse gebraucht wird;
  • welche Auswirkung Krafttraining hat.

Es wurde analysiert, ob sich innerhalb einer Gruppe die fettfreie Körpermasse im zeitlichen Verlauf verändert hat und wie sich die verglichenen Gruppen voneinander unterscheiden.

 

Wie wurden die Studien ausgewählt?

Studien, in denen die Teilnehmer*innen keine ernsthaften Erkrankungen hatten und der Effekt von unterschiedlichen Mengen an Nahrungseiweiß in den verglichenen Gruppen für zwei Wochen oder länger untersucht wurde, wurden in dieser Übersichtsarbeit berücksichtigt. Der Effekt unterschiedlicher Mengen an Nahrungseiweiß wurde entweder in Gramm pro Tag oder in Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag gemessen*. Ausgeschlossen wurden Studien, in denen Stimulanzien für Muskelzuwachs eingesetzt wurden.

Zur Erklärung:
* Die Unterscheidung in Gramm pro Tag und in Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag ist sinnvoll, denn so kann unterschieden werden, ob für jeden Menschen – unabhängig vom Gewicht – eine fixe Menge Nahrungseiweiß für den Muskelzuwachs entscheidend ist oder ob die Menge Nahrungseiweiß vom Körpergewicht abhängig ist.
Mit anderen Worten: Braucht eine 60 kg schwere Person genauso viel Nahrungseiweiß wie eine 90 kg schwere Person oder benötigen diese Personen unterschiedliche Mengen für den gleichen Muskelzuwachs?

 

Was kam raus? Was sind die Ergebnisse?

Insgesamt wurden 105 Studien in dieser Übersichtsarbeit und Meta-Analyse berücksichtigt, die insgesamt 5402 Personen im Alter von durchschnittlich 47,2 Jahren (SD*: 19–81 Jahre) untersuchten und deren Untersuchungen im Mittel für 19,8 Wochen (SD*: 2 Wochen bis 18 Monate) dauerten.
Es wurde gezeigt, dass die Menge des Nahrungseiweißes und der Effekt auf den Muskelzuwachs davon abhängt, ob Krafttraining gemacht wird – oder eben nicht.
Um Muskelmasse ohne Krafttraining aufzubauen, ist die Menge von maximal 1,3 g Nahrungseiweiß pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag eine ausreichende Menge (nach Adjustierung** um die Kovariaten*** Alter, Geschlecht, Interventionsdauer, Krafttraining sowie Gewichtsveränderung). Durch mehr Eiweiß im Essen wird nicht mehr Muskelmasse aufgebaut.
Um mehr fettfreie Körpermasse/Muskelmasse aufzubauen, benötigt man mehr Eiweiß und auch Krafttraining.
Die Autor*innen schreiben, dass ihre Studie die erste sei, die zeigen konnte, dass Muskelzuwachs auch ohne Krafttraining möglich sei. Für Gesundheitsbewußte, die viel Eiweiß essen, wird von der Arbeitsgruppe Tagawa et al. (2020) Krafttraining ausdrücklich empfohlen.

Zur Erklärung:
* SD steht für „Standard Deviation“, zu Deutsch Standardabweichung und gibt preis, in welcher Spannweite sich die Daten bewegen.
** Adjustierung bedeutet, dass mögliche Verzerrungen in der Auswertung durch Unterschiede bezüglich Alter, Geschlecht, Gewicht etc. statistisch herausgerechnet werden. So kann man zu vereinheitlichten Ergebnissen kommen.
*** Kovariaten sind Faktoren, die einen Einfluss auf die Untersuchung und damit auf das Ergebnis haben können.

Wenn du jetzt weiteres Interessantes aus der Originalstudie lesen möchtest, dann kannst du dir diese englischsprachige Arbeit von Tagawa et al. (2020) unter dem Link anschauen.

 

Und was bedeutet das?

Krafttraining, ja oder nein? Da hat jede*r andere Vorlieben. Doch es hat einen Einfluss darauf, wie gut der Körper das Eiweiß aus dem Essen in Muskelmasse umbauen kann. (Randnotiz Nr. 1: Eiweiß hat noch viele andere Aufgaben im Körper als Muskulatur aufzubauen – daher sollte es immer ausreichend gegessen werden).
Von Bedeutung ist zu wissen, was im Körper los ist! Die „Lean Body Mass“ kann mit der „Dual Energy X-ray Absorptiometry“ (kurz: DXA) oder auch der Bioimpedanzanalyse (kurz: BIA) gemessen werden. Letztere nutzen wir auch in unserer Praxis, um die Erfolge durch die Ernährungsumstellung zu zeigen und zu dokumentieren.
Durch die Messung der Körperzusammensetzung kann man sichtbar machen, wie der Körper die Goldmasse (die wertvolle Muskelmasse) durch die stoffwechselangepasste Ernährung aufbaut. (Randnotiz Nr. 2: Und auch, wie er die gesundheitlich bedenkliche Fettmasse im Bauchinnenraum abbaut.)

Einen Termin für ein unverbindliches Beratungsgespräch kann jede*r auf unserer Website bekommen.

  

(Heike Niemeier)

 


Quellen: 
Studie "Dose–response relationship between protein intake and muscle mass increase: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials" / Tagawa et al. (2020)


 Bild: © Cristina Conti / Adobe Stock 

Freitag, 19 Februar 2021 05:58